Tempo 30 für Spalt kommt
Spalt/München (vb) „Nach langem Einsatz bekommt das kleine verkehrspolitisch-gallische Dorf Spalt endlich seine Tempo 30 Zone im Altort. Nach der Durchsetzung des Kreisverkehrs mit Hilfe der Staatsregierung ist dies der zweite große Erfolg für Spalt in München, wobei er in diesem Fall etwas unkonventionell errungen wurde“, freut sich der Abgeordnete des Kreises Roth Volker Bauer im Münchner Landtag.
Nach intensiven Gesprächen mit Kollegen und Beamten hatte der Verkehrsausschuss wenige Minuten zuvor die vom Spalter CSU-Ortsvorsitzenden Patrick Seubelt in Rücksprache mit Volker Bauer und Bürgermeister Udo Weingart eingereichte und vom Vorsitzenden des CSU-Fraktionsarbeitskreis Verkehr Jürgen Baumgärtner verteidigte Petition „Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h der Staatsstraße 2223 im Bereich der Spalter Altstadt“ angenommen. „Diese Entscheidung markiert das für Spalt positive Ende eines mehrjährigen politischen Kampfes. Es tut der Demokratie gut, wenn sich die Legislative auch gelegentlich von Bedenken der Exekutive emanzipiert“, freut sich Bauer und stellt gleichzeitig klar: „Es handelt sich hier jedoch ganz klar um eine Einzelfallentscheidung, die der Situation einer rund 400 Meter langen, verwinkelten Durchfahrt des Erholungsort Spalt Rechnung trägt, nicht um generelles Bekenntnis zu innerörtlichem Tempo 30.“
Rückblende. Im Sommer 2019 macht Udo Weingart seinem Unmut beim Ortsbesuch der Abgeordneten Baumgärtner und Bauer mit drastischen Worten Luft und fragte: „„Muss denn erst ein Kind überfahren werden, bevor sich etwas tut!“ Auf dem schmalen Gehsteig dicht an die Hauswand gedrängt standen Bürgermeister, Abgeordnete und Vertreter des staatlichen Bauamts an der Staatsstraße 2223, während Autos und LKWs an ihnen vorbei rauschten. In den Monaten und Jahren zuvor wurde in Spalt u.a. durch Seniorenbeirat und Altstadtfreunde vieles auf den Weg gebracht und versucht. Studien für eine barrierefreie Altortentwicklung, mit der Verkehrssicherheit, Lärm- und Immissionsschutz, Einzelhandel und Lebensqualität in der kleinen Stadt gestärkt werden sollen, wurden unter Einbindung der Bevölkerung erstellt. Eine sehr hohe Verkehrsbelastung von rund 3.500 PKW und 200 LKW pro Tag wurde festgestellt. Und unzählige Schreiben ergingen durch Bürgermeister Weingart an Landratsamt, die Regierung von Mittelfranken und die Staatsregierung. Die Antworten der staatlichen Stellen fielen sinngemäß immer gleich aus: Eine besondere Gefahrenlage kann aufgrund fehlender Unfallzahlen nicht erkannt werden. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Staatsstraße ist nicht möglich.
Die beiden CSU-Abgeordneten versprachen Abhilfe. Volker Bauer verfasste einen Antrag, per Einzelentscheid die Geschwindigkeit auf der St2223 im Spalter Altort auf 30 km/h zu begrenzen. Wie alle Anträge, die Abgeordnete im Landtag einbringen wollen, richtete sich auch Bauers Antrag zuerst an die eigene Fraktion. Bevor eine Regierungsfraktion darüber entscheidet, ob der Antrag mit dem Koalitionspartner abgestimmt und dann ggf. ins eigentliche Gesetzgebungsverfahren eingebracht wird, beraten die vom Antrag betroffenen Fraktionsarbeitskreise, ob der Antrag unterstützt werden soll und holen hierzu Bewertungen aus den Ministerien ein. „Wenn du aus mehreren Ministerien ablehnende Stellungnahmen erhältst, wird es schon schwer, dafür eine Mehrheit in der Fraktion zu organisieren. Und gegen Gesetze handeln können wir natürlich auch nicht“, beschreibt Bauer die starke Einflussmöglichkeit der Exekutive.
Umso mehr ärgerte es den CSU-Politiker, nachdem Innenminister Joachim Herrmann (CSU) der Stadt Spalt trotz fehlender Unfallzahlen, „eine Brücke baute, dass diese von Bedenkenträgern in der eigenen Fraktion eingerissen wurde“ (Bauer). Der Minister verwies darauf, dass im Spalter Fall eine Tempobeschränkung unter Verweis auf den Erholungsort möglich scheint. Bauer modifizierte seinen Antrag entsprechend, fand jedoch keine Mehrheit. „Weil die Oppositionsparteien aktuell ganze Städte runter bremsen wollen, hatten manche Kollegen Angst davor, mit dem Spalter Antrag eine Tür aufzumachen und haben es deshalb abgelehnt, den Antrag mit dem Koalitionspartner zu diskutieren oder in die Ausschussarbeit einzubringen.“ Was Bauer ärgerte, brachte Weingart fast zur Verzweiflung.
„An dieser Stelle kam uns aber das bayerische Petitionsrecht zugute. Ich kann den CSU-Ortsvorsitzenden ja nicht daran hindern, eine Petition zu verfassen“, erklärt Bauer augenzwinkernd. Wenn sich ein Bürger in seinen Rechten verletzt sieht, kann er sich an den Landtag wenden. Wenn der Petitionsausschuss des Landtags entscheidet, dass das Anliegen berechtigt ist, müssen sich die vom Anliegen betroffenen Ausschüsse, in denen alle Parteien vertreten sind, damit befassen. So gelangte die Spalter Forderung nach einer Tempo 30 Zone unter Verweis auf den Erholungsort doch in die parlamentarische Diskussion im Verkehrsausschuss des Landtags.
Bauer und der Vorsitzende des CSU-Arbeitskreises Verkehr Baumgärtner konnten in den vergangenen Wochen die Mehrheit der Ausschussmitglieder davon überzeugen, der Petition zuzustimmen. Durch das Ausschussvotum ist die Staatsregierung nun verpflichtet, die Petition als Einzelfall zu würdigen, also Tempo 30 für Spalt nach langem Anlauf auf den Weg zu bringen.