Berufliche Ausbildung eröffnet Perspektiven
Lkr. Roth (dn) „Ein großer Teil der Welt beneidet uns um unser System der dualen beruflichen Ausbildung“, ist sich Landtagsabgeordneter Volker Bauer sicher und ergänzt „und durch die hohe Nachfrage verdient ein guter Handwerker bald mehr als ein Jurist.“ Zum Start der bayernweiten Woche der Ausbildung, diskutierten am Montag hochrangige Vertreter der bayerischen Wirtschaft, Kammern und beruflichen Schulen auf Einladung der CSU die Zukunft der beruflichen Bildung im Landtag. Der Abgeordnete des Kreises Roth ging bewusst einen anderen Weg. Volker Bauer, der ab 1987 selbst eine Lehre zum Elektrotechniker absolvierte, besuchte neun Ausbildungsbetriebe im Kreis Roth, um mit jungen Menschen über ihre Entscheidung für eine berufliche Ausbildung und ihre Erfahrungen zu sprechen.
Bei der Weiss Gruppe in Rednitzhembach traf sich Bauer mit jungen Zerspanungs-mechanikern und einer angehenden Industriekauffrau. Für alle war es wichtig, „ihr eigenes Geld zu verdienen“ bzw. „etwas Praxisbezogenes zu machen“. Mit Blick auf die 130 Mitarbeiter aus 19 Staaten wurde deutlich, dass bayerische Mittelstandsbetriebe für junge Menschen auch aus anderen EU-Ländern begehrte und oft international ausgerichtete Ausbildungs- und Arbeitsstätten sind. „Eine berufliche Ausbildung eröffnet europaweit Möglichkeiten“, so Geschäftsführer Ralf Schmidt. Den Wunsch nach mehr praxisorientierten Businessenglischkursen in Real- und Berufsschulen und die Forderung nach wiederkehrenden Wirtschaftspraktika für Lehrkräfte, nahm Bauer gern mit nach München.
Auch beim zweiten Betrieb, dem Büchenbacher Recyclingunternehmen hofmann-denkt lernte der CSU-Politiker mit Evelyn Fartan eine hochmotivierte junge Kauffrau kennen, die der beruflichen Ausbildung aufgrund „des menschlichen Kontakts, der Betreuung und Förderung im Mittelstand und der Verantwortung für praktische Projekte“ den Vorzug gegenüber einem Studium gab. Firmenchef Rainer Hofmann ergänzte, dass die Kreislaufwirtschaft mit Berufskraftfahrern und Fachkräften für Kreislaufmanagement weitere anspruchsvolle und gut bezahlte Berufsbilder bereit halte, „die nichts mit dem hartnäckigen Cliché des Müllmanns oder osteuropäischen LKW-Fahrers zu tun haben.“ Gerne würde der Betrieb ungeachtet hoher Ausbildungskosten mehr junge Menschen ausbilden.
Ein nächster Stopp war die Carl Schlenk AG. Pauline Teufel absolviert am Firmensitz in Barnsdorf eine Ausbildung zur Chemielaborantin und schätzt vor allem die Teilhabe an Innovation und die Weiterentwicklungsmöglichkeiten beim regional verwurzelten Global Player. Von der Politik erhofft sie sich ebenso wie Dr. Daniela von Schlenk effizientes Regieren und Rahmenbedingungen, die Umweltschutz und die Belange der Betriebe zusammenbringen.
Eine Arbeitsstelle vor Ort und die familiäre Prägung in Handwerkerfamilien waren für die junge Fliesenleger- und Büromannschaft des Fliesenstadl Just in Göggelsbuch die wichtigsten Beweggründe, sich für eine berufliche Ausbildung zu entscheiden. Es komme darauf an, für die jungen Menschen und ihre Eltern greifbar, vor Ort, in den Vereinen und auf lokalen Messen präsent zu sein, erklärte Firmengründer Rainer Just den Erfolg seines in den letzten Jahren auf 28 Mitarbeiter gewachsenen Betriebes bei der Nachwuchsakquise. Just unterstrich, dass es für eine Kommune wichtig sei, Gewerbeflächen vorzuhalten, „damit die Jugend vor Ort leben und arbeiten kann“.
Schwierig stellt sich die Ausbildungssituation für den zur Rummelsberger Diakonie gehörenden Auhof in Hilpoltstein dar. Zwar ist es in den letzten Jahren immer gelungen, ausreichend junge Menschen und Quereinsteiger für den „enorm erfüllenden Beruf“ (Auszubildende Judith Craig) des Heilerziehungspflegers zu begeistern. Vor allem die Finanzierung des zweijährigen, vorgeschriebenen, aber nicht zur Ausbildung gehörigen, Vorpraktikums stellt für den Träger jedoch eine große Herausforderung dar, da hierfür keine Förderung durch den Bezirk erfolgt, wie Ausbildungsleiter Diakon Matthias Grundmann beklagte. Volker Bauer versprach hier politische Unterstützung.
Von seiner „Azubikarriere“, mit Lehre, Weiterbildungsstipendium der IHK, Sprachreise nach London und erfolgreichem Abschluss als Handelsfachwirt berichtete der Einzelhandelskaufmann Johannes Ammelsdörfer. Für ihn und drei weitere Azubis der Friedrich Dorner GmbH in Thalmässing war ein wohnortnaher, solider Arbeitsplatz wichtig, nachdem sie in der örtlichen Mittelschule und bei Praktika ein positives Bild der beruflichen Ausbildung gewonnen hatten. Kritisch sehen die jungen Einzelhändler die Onlinekonkurrenz von Amazon und Co., die nicht nur Steuervorteile gegenüber bayerischen Mittelständlern genießen, sondern den Kunden auch keine Beratung bieten.
Keine Onlinekonkurrenz braucht dagegen Nick Wirth, Auszubildender bei der Metzgerei Max Gruber in Großweingarten zu fürchten. Gerne hätte er jedoch einige Azubikollegen mehr im Bereich Roth-Weißenburg, damit der Schulstandort Weißenburg erhalten bleibt. Die Ausbildung ist nicht nur vielseitig und lässt Raum für eigene Kreativität. Wirth führte etwa Wurstwaren von Wollschweinen aus eigener Zucht im Betrieb ein. Das Metzgerhandwerk bietet auch internationale Entwicklungschancen. So war der 17-jährige Azubi beim Abgeordnetenbesuch der einzige Metzger im Betrieb, da Betriebsinhaber Max Gruber bei einem Wettbewerb in Paris verweilte, bei dem Max‘ Gesellenkollege eine Hälfte des Team Deutschland stellte.
Aus dem Schlachthaus führte der Weg zur MBFZ toolcraft GmbH. Fünfzig Azubis beschäftigt der „wahrscheinlich innovativste Mittelständler“ (Bauer) des Landkreises aktuell, darunter Deutschlands besten Formenbauer-Azubi. Zwanzig weitere sollen 2018 hinzukommen. In Georgensgmünd hat sich in wenigen Jahren eine Firmenkultur etabliert, wie sie sonst nur von Konzernen wie Siemens oder AUDI bekannt ist; ganze Familien arbeiten bei toolcraft, darunter Realschüler, Abiturienten und Studienabbrecher. Durch „persönlichen Kontakt zur Firma“ und aufgrund der „Möglichkeit einer Ausbildung am Puls der technischen Entwicklung“ hätten sie sich für eine Ausbildung bei toolcraft entschieden, erklärten die jungen Azubis Volker Bauer, der Geschäftsführer Bernd Krebs seit Elektromeisterzeiten gut kennt.
Vergleichsweise optimistisch blickt man auch beim Landgasthof Krug in Rohr in die Zukunft. Chefin Sandra Braun gelingt es durch hohen persönlichen Einsatz, unter anderem im DEHOGA-Verband, immer wieder junge Menschen für eine Ausbildung im Bereich Hotel und Gaststätten zu begeistern. „Manche sehen es als schlimm, arbeiten zu müssen, wenn ihre Freunde mit dem Partymachen anfangen. Aber für mich zählen die Perspektiven. Und die sind in der Gastronomie gegeben“, so Susanne Gerstner, die in Dechendorf Hotelfachfrau lernt.
Ein Video zur Azubitour mit den Statements von neun jungen Auszubildenden findet sich online unter https://youtu.be/JWPbzAcsD8k bzw. auf Youtube.de Kanal „Volker Bauer“.